Die Industrielle Revolution ist weitestgehend bekannt. In diesem Artikel geht es jedoch um die vierte Revolution der zerstörungsfreien (Werkstoff-) Prüfung, der sog. ZfP 4.0. Behandelt wird zunächst die Entwicklung von Industrie und zerstörungsfreier Prüfung und anschließend einige neue Technologien, sowie Vorteile und Einsatzgebiete der ZfP 4.0.
Inhalt
Was ist ZfP 4.0?
Der Begriff „ZfP 4.0“ beschreibt die vierte Revolution der zerstörungsfreien (Werkstoff-) Prüfung. Sie setzt dabei auf auf neue Technologien wie Künstliche Intelligenz, vernetzten und dezentralen Systemen (z.B. Cloud) und weiteren technischen & digitalen Lösungen.
Die Revolutionen der ZfP können wie folgt definiert werden:
- ZfP 1.0 – Werkzeuge (zur Schärfung der Sinne)
- ZfP 2.0 – Analoge Systeme (zur Ansicht innerhalb der Komponenten)
- ZfP 3.0 – Digitale Verarbeitung und Automatisierung
- ZfP 4.0 – Transparenz von Informationen, technische & digitale Hilfsmittel und autonome und dezentralisierte Entscheidungen
Sie kann ähnlich wie die Industrie 4.0 verstanden werden, deren Revolutionen wie folgt unterteilt werden können:
- Industrie 1.0 – Mechanisch (Dampf, Energie)
- Industrie 2.0 – Technisch (elektrische Energie, Massenproduktion)
- Industrie 3.0 – Digital (Datenverarbeitung, Mikroelektronik)
- Industrie 4.0 – zunehmende Digitalisierung, wie z.B. moderne Technologien und Produktionen sowie schnellere Reaktionen auf den Absatzmarkt.
Wie sehen Industrie und ZfP im Vergleich aus?
Industrie und ZfP sind jeweils in vier Revolutionen unterteilt. In der 1. und 2. Revolution gibt es noch kaum Gemeinsamkeiten. Jedoch schon in der 3. (Digitale Stufe) ähneln sie sich sehr stark. Die Bereiche ZfP und NDE sowie die Industrie befinden sich aktuell in der digitalen Revolution. Dabei nutzen beide vernetzte Systeme, welche dank moderner Technologien und technischer Unterstützungen autonome und dezentralisierte Entscheidungen treffen können.
Welche Technologien nutzt die ZfP 4.0?
Die ZfP 4.0 wird durch viele verschiedene Technologien vorangetrieben. Sie nutzt unter anderen die folgenden Technologien:
- Big Data & Künstliche Intelligenz
- Digitale Zwillinge & Simulationen
- Cloud Computing & Storage
- Internet der Dinge (IoT)
- 5G
- Blockchain
- Augemented & Virtual Reality
Big Data: Beschreibt die immer steigenden Datenmengen, die zur Verfügung stehen und mithilfe von Systemen ausgewertet werden. Unternehmen, die auf eine längere Historie und eine Vielzahl von erfassten Daten zurückgreifen können, haben dabei gute Voraussezungen.
Künstlicher Intelligenz (KI): ist ein System, welches Daten und Bilder interpretieren kann, darauf reagieren und sich anpassen kann. Häufig werden dazu sog. Neuronale Netze verwendet. Besonders die Unterkategorien Maschinelles Lernen (eng. Machine Learning), was Algorithmen beschreibt, die mit zunehmenden Daten besser werden, sowie das Deep Learning, das auf Neuronalen Netzten basiert und noch besser viele Daten verarbeiten kann, sind für die ZfP 4.0 von großer Bedeutung.
Mehr zum Thema KI in der ZfP finden Sie hier.
Und mehr zum Thema KI-fähige ZfP-Infrastruktur finden Sie hier.
Digitale Zwillinge und Simulationen: Auf der Grundlage von gesammelten Daten können durch Simulationen z.B. Handlungsempfehlungen ausgesprochen und Entscheidungen oder Ereignisse vorausgesagt werden. Der digitale Zwilling ist dann eine digitale Entität, die genau die gleichen Eigenschaften wie das abzubildene Element besitzt. Dadurch können Verhalten und Zustand des realen Objektes genau eingesehen und vorhergesagt werden. Eine KI kann als Grundlage für solche Simulationen genutzt werden.
Cloud Computing & Storage: In einer Cloud können Daten sicher gespeichert werden, um dann von jedem beliebigen Ort darauf zugreifen zu können. Sie besteht aus einem verteilten Servernetz und bietet redundante Speicherung und eine hohe Kompatibilität durch moderne Webstandards.
Internet der Dinge (IoT): Alle Daten, Geräte und Sensoren werden hier miteinander verbunden und sind über eine Cloud ansprechbar. Dies kann eine Voraussetzung für eine gute Datenbasis sein und so KI und Digitale Zwillinge ermöglichen. Es wird häufig mit IoT oder IIoT für engl. (Industrial) Internet of Things abgekürzt.
5G: Ist eine mobile Datenübertragungstechnologie und der Nachfolger von 4G/LTE und ermöglicht den Anschluss einer hohen Anzahl von Geräten und sorgt für robuste Echtzeit-Datenverbindung. Die großen Bandbreiten ermöglichen die Übertragung von biszu 10 Gbit/s, sodass selbst große Bilder oder Prüfaufnahmen schnell verschickt werden können.
Blockchain: Durch eine sichere Blockchain können Daten nicht mehr unerkannt geändert werden, was die Nachverfolgbarkeit und das Vertrauen verbessert. Dies kann z.B. für Archive interessant sein. Neuere Blockchain Generationen ermöglichen es zudem, sog. Smart Contracts auszuführen, welche kleineren dezentralen Software-Programmen ähneln.
Augmented / Virtual Reality: Mithilfe von Datenbrillen oder intelligenten Anzeigen z.B. über die Smartphone Kamera und Display in Echtzeit, können zusätzliche Informationen und Kontext relevante Darestellungen die Realität erweitern. Dies kann z.B. das Erkennen der Einbausituation von Bauteilen oder gewisse Arbeitsschritte für Prüfer erleichtern.
Welche Vorteile bietet die ZfP 4.0?
Durch die Möglichkeiten der ZfP 4.0 entstehen einige Vorteile für Anwenderunternehmen. Durch die Verfügbarkeit von vielen Daten bspw. besteht die Möglichkeit zur Anwendung von Machine Learning & Künstlicher Intelligenz (KI). Mit Hilfe solcher KI-Systeme kann z.B. die Prüfung von Anlagen und Bauteilen verbessert und somit die Effizienz gesteigert werden.
Darüber hinaus kann die Effizienz der Prüfungen durch moderne Konnektivität und fortschrittliche Computer gesteigert werden. Außerdem wird aufgrund der technischen Unterstützungen z.B. der Datenaustausch und das Feedback zwischen Kunden und Auftraggebern zunehmende vereinfacht. Zusätzlich sind solche Systeme zuverlässiger und Prüfungen leichter zurückzuverfolgen.
Die Vorteile von ZfP 4.0 lassen sich wie folgt kategorisieren und zusammenfassen:
- Verbesserte ZfP-Methoden
- Verbesserte Ausrüstung
- Mehr Kontrolle & Nachvollziehbarkeit
- Vereinfachter Datentransfer
- Bessere Datenauswertung
- Verbesserung des Produktionsprozesses
Vorteil 1: Verbesserte ZfP-Methoden
Relevante Technologien:
Cloud Computing & Storage – Dezentrale Auswertung
Künstliche Intelligenz – Critical Image Detection, Automatic Defect Recognition, Batch Processing
Robotik
Impact & Beispiele:
Die ZfP 4.0 nutzt eine breite Palette neuer Technologien, die die derzeitigen ZfP-Methoden verbessern. Diese haben direkten Einfluss auf die Art, wie in der ZfP gearbeitet wird.
Zum Beispiel ermöglicht Cloud Computing eine dezentrale Auswertung von Aufnahmen und Daten. Die Daten können z.B. in einer Anlage aufgenommen und dann zu einer Auswertestation an einem anderen Ort übertragen werden.
Ein weiteres Beispiel kann der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) sein, um beispielsweise alle neu aufgenommenen Bilder einer Röntgenprüfung als sog. Batch zu bearbeiten. Mit Hilfe einer Critical Image Detection, wird dann keine Zeit für „gute Bilder“ verschwendet, sondern die kritischen Bilder gefunden, die bspw. eine schlechte Qualität oder Anzeigen haben.
Eine KI kann außerdem dabei helfen, automatisch Anzeigen und Defekte in Prüfdaten und auf Bildern zu ermitteln (ADR – engl. Automatic Defect Recognition).
Weitere Anwendungen können bspw. eine automatische Erkennung und Zuordnung von Texten z.B. für eine Messstelle oder eine Mustererkennung, um verdächtige oder betrügerische Aktivitäten (z.B. ein mehrfach verwendetes Bild für unterschiedliche Messstellen) aufzudecken.
Mehr zum Thema dezentrale Auswertung und KI finden Sie hier.
Und mehr zum Thema KI-fähige ZfP-Infrastruktur finden Sie hier.
Vorteil 2: Verbesserte Ausrüstung
Relevante Technologien:
Cloud Computing & Storage – Digitale Archive, PACS, APIs
Künstliche Intelligenz – Super Resolution, Image Enhancement
Robotik – Crawler, Drohnen
Neue Sensoren & Prüftechnik
Augmented Reality
Impact & Beispiele:
Die Verbesserungen an der Prüfausrüstung im Rahmen der ZfP 4.0 erlauben es, z.B. schneller und effizienter zu prüfen. Die Verbesserungen beziehen sich unter anderem auf die Art, wie Mensch und Maschine zusammenarbeiten. Der verbesserte In- und Output der Geräte kann z.B. in Form von aufbereiteten System- und Prüfinformationen mithilfe von Augmented Reality, automatischer Validierung von Ergebnissen, aussagekräftigen Fehlermeldungen erfolgen.
Weitere Methoden können bspw. die Datenablage und Aufbereitung umfassen, sodass bspw. das analoge Archiv durch ein digitales ersetzt wird. Die sog. Picture Archiving & Communication Systems (dt. Bild Archivierungs- und Kommunikationssysteme) oder kurz PACS sorgen dafür, dass die Daten revisionssicher gespeichert werden. Zusammen mit Schnittstellen wie DICOM/DICONDE bzw. modernen Cloud-APIs lassen sich die Geräte besser verknüpfen.
Ebenfalls lassen sich KI-Algorithmen einsetzen, um eine verbesserte Darstellung der aufgenommenen Daten zu erreichen. Die Techniken „Super-Resolution“ oder „Image Enhancement“ sind dabei besonders interessant. So lassen sich bspw. Bestrahlungszeiten reduzieren und mehr Details finden, ohne dabei ein größeres Bild-Rauschen in Kauf nehmen zu müssen. Eine weitere Betrachtung kann die Verbesserung der Probability Of Detection (POD – dt. Auffind-Wahrscheinlichkeit), sodass immer kleinere Fehler besser gefunden werden.
Weitere Anwendungen sind der Einsatz von intelligenten Robotern, sog. „Crawlern“ und Drohnen oder neue Sensoren und Prüftechnik. Diese vernetzten Geräte erlauben es, teilweise bereits automatisch Anlagen oder Bauteile zu prüfen z.B. bei der Thermographie von Solaranlagen oder Ultraschallprüfung von großen Rohren. Das hat den einfachen Vorteil, dass selbst schwierig erreichbare Messpunkte oder große Areale, ohne dass ein Mensch z.B. irgendwo hinauf klettern muss, mit wenig Aufwand geprüft werden können.
Vorteil 3: Mehr Kontrolle & Nachvollziehbarkeit
Relevante Technologien:
Cloud Computing & Storage – Digitale Archive, PACS
Digitale Schnittstellen – DICONDE
Digitaler Zwilling
Data Analytics
Impact & Beispiele:
In der ZfP gibt es verschiedene Maßnahmen und Standards, die bei der Durchführung einer Prüfung berücksichtigt werden müssen. Ein Beispiel ist die Nachvollziehbarkeit von Prüfungen, die festlegt, ob die Prüfung an der richtigen Stelle und mit welchen Verfahren/Parametern und nach welcher Anweisung durchgeführt wurde. Die Implementierung einer revisionssicheren Datenspeicherung ist daher notwendig. Der Einsatz digitaler Lösungen aus der ZfP 4.0, wie z.B. verbesserter Archive auf der Cloud und PACS-Lösungen zur Speicherung oder Blockchains zum Schutz gegen Manipulationen, können dabei helfen, diese Nachvollziehbarkeit zu steigern. Außerdem legen Sie Daten strukturierter ab und machen diese schneller durchsuchbar.
Darüber hinaus unterstützen ZfP 4.0 Technologien und -Schnittstellen den digitalen Workflow, indem sie die elektronische Übertragung von Prüf- und Auftragsdaten ermöglichen. So kann papierlos geprüft werden und insgesamt mehr Kontrolle über Prozesse und Arbeitsabläufe gewährleistet werden. Dies ist außerdem notwendig, um mithilfe von „Data Analytics“ neue Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen abzuleiten und so langfristig erfolgreich zu bleiben.
Mehr zum Thema PACS finden Sie hier.
Und mehr zum Thema KI-fähige ZfP-Infrastruktur finden Sie hier.
Vorteil 4: Vereinfachter Datentransfer
Relevante Technologien:
Cloud Computing & Storage – Datenbanken, APIs
Digitale Schnittstellen – DICONDE
5G
Impact & Beispiele:
Vernetzte Systeme und dezentrale Speicherung sind wichtige Faktoren der ZfP 4.0. Um diese vollumfänglich nutzen zu können, ist eine sichere und schnelle Übertragung notwendig. Technologien wie 5G und moderne Schnittstellen erlauben es, Daten fast in Echtzeit vom Aufnahmeort zur Auswertestation zu senden und gleichzeitig den Manger mit Statusinformationen zu versorgen. Anwenderunternehmen können besonders von einer verbesserten Interoperabilität profitieren, so können diverse Lösungen und Geräte miteinander kommunizieren und so eine effizientere Prüfung ermöglichen.
Vorteil 5: Bessere Datenauswertung
Relevante Technologien:
Künstliche Intelligenz
Data Analytics
Big Data
Impact & Beispiele:
Das ZfP 4.0-gestützte Verständnis & Transparenz von Daten ist ein wertvoller Wettbewersbvorteil. Mit strukturierten Datenformaten und einer ausreichenden Historie lassen sich bspw. Vorhersagen für die Zukunft treffen, KI-Modelle und digitale Zwillinge erstellen und Geschäftsprozesse optimieren. Die Herausforderung in der ZfP liegt in der Komplexität der Prüfabläufe. Mit Hilfe von Data Analytics lassen sich neue Erkenntnisse gewinnen und so effizientere Abläufe gestalten. Vielerseits bekannt sind bspw. genauere Lebensdauerberechnungen von Komponenten, Predictive Maintenance und Zuverlässigkeitstechniken.
Vorteil 6: Verbesserung des Produktionsprozesses
Relevante Technologien:
Künstliche Intelligenz
Data Analytics
Digitaler Zwilling
Neue Sensoren & Prüftechnik
Impact & Beispiele:
Auch in der Fertigung bietet ZfP 4.0 Verbesserungspotentiale, die über das klassische Verständnis von Industrie 4.0 (wie Predictive Maintenance) hinausgehen. Eine Anwendung kann bspw. eine schnellere und bessere Qualitätssicherung sein. Wenn Bauteile in der Fertigung z.B. schneller geprüft werden können, weil eine KI mit Super Resolution für eine Durchstrahlungsprüfung eingesetzt wird, steigert dies die Effizienz des Produktionsprozesses aus der ZfP heraus. Häufig wird ZfP in der Industrie nämlich auf visuelle Prüfungen mit Kameras oder als Sichtprüfung von Menschen reduziert, was jedoch zu kurz greift. Außerdem bieten digitale Archiv-Systeme, in denen die Prüfdaten gespeichert werden, eine wichtige Grundlage, um z.B. Maschinenparameter im Fertigungsprozess anhand der ermittelten Qualität anzupassen zu optimieren.
Welche Herausforderungen für die ZfP 4.0 gibt es?
Bei all den Vorteilen, die ZfP 4.0 mit sich bringt, gibt es jedoch auch einige Herausforderungen. Diese Herausforderungen sind vor allem:
- Technische Hürden, Daten und Infrastruktur
- Relevanz der erlernten Fähigkeiten
- Zögernde Führungskräfte
- Unzureichendes Verständnis
Herausforderung 1: Technische Hürden, Daten und Infrastruktur
Obwohl sich die zuvor genannten neuen Technologien der ZfP 4.0 schnell weiterentwickeln, gibt es dennoch einige Hürden, die den Einzug in die Anwenderunternehmen verzögern. Beim Thema Künstliche Intelligenz bspw. gibt es gravierende Unterschiede zwischen der Consumer-KIs, die z.B. durch Spracherkennung und Large-Language-Models wie ChatGPT oder Google Bard bekannt sind, und Industrial-KI, da die verfügbare Datenmenge in der Industrie wesentlich geringer ist. Während für Consumer-KIs z.B. Millionen Bilder von Katzen aus dem Internet verwendet werden können, geht die Menge von öffentlichen Schweißnahtbildern für eine Industrial-KI gegen null. Zudem besteht häufig nicht das Interesse, diese Daten der Konkurrenz verfügbar zu machen.
Ein weiterer Faktor können Lieferengpässe oder Supply-Chains sein. Besonders während der COVID-19 Pandemie in den Jahren 2020/21 sind fehlende Halbleiter und Grafikkarten zum Problem für die Industrie geworden. Seit der Energiekrise 2022/23 in Europa stiegen zudem die Kosten für den Unterhalt der digitalen Infrastruktur.
Des Weiteren gibt es natürlich einen Unterschied zwischen Forschung bzw. den Innovationsabteilungen der Tech-Giganten wie Google oder Facebook und der Anwendung im Feld und der Praxis. Es dauert bekanntermaßen einige Zeit, bis im Labor erprobte Technologien den realen Anforderungen gewachsen sind und die dafür notwendige Infrastruktur im Unternehmen aufgebaut ist.
Herausforderung 2: Relevanz der erlernten Fähigkeiten
Die Aufgaben und Technologien von ZfP 4.0 unterscheiden sich von den traditionellen ZfP-Funktionen und -Systemen. Daher müssen Organisationen, die diese neuen Technologien nutzen wollen, neue Fähigkeiten entwickeln. Sie müssen Fähigkeiten im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) erwerben und in der Lage sein, mit intelligenten Systemen wie kollaborativen Industrierobotern und Desktops zusammenzuarbeiten.
Darüber hinaus sollten die Menschen, die mit diesen neuen fortschrittlichen Systemen interagieren werden, eine flexible Denkweise haben. Sie sollten bereit sein zu akzeptieren, dass die Informationen, über die sie heute verfügen, veraltet sein könnten, bevor die Technologie im Feld eingesetzt wird.
Die ZfP 4.0 verlangt von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, mehr und schneller zu lernen als die vorherige Revolution. Arbeitgeber und ihre Arbeitnehmer müssen das Lernen als eine Investition wahrnehmen.
Die benötigten Fähigkeiten werden sich außerdem auf verschiedenen Hierarchie-Ebenen unterscheiden. Auswerter in der Praxis müssen dann z.B. eine Schulung für neue Ausrüstung erhalten. Manager müssen die neuen, digitalen Prozesse richtig verstehen und steuern, während die Unternehmensführung neue Geschäftsmodelle entwickelt. Es wird für sie alle von entscheidender Bedeutung sein, die Fähigkeit zu haben, schneller zu lernen und neue Fähigkeiten zu entwickeln, als sie es in den vorangegangenen Innovationen gewohnt waren.
Herausforderung 3: Zögernde Führungskräfte
Führungskräfte in der Wirtschaft zögern oft aus unterschiedlichen Gründen, neue Innovationen einzuführen. Einer dieser Gründe ist die Budgetierung und der Anreiz für jährliche Investitionen.
Unternehmen streben kurzfristige sichtbare Gewinne auf Kosten größerer und langfristiger immaterieller Vorteile an. Wenn man also bedenkt, dass ZfP 4.0 eine langfristige Anlage ist, die höhere technologische Investitionen und die Entwicklung von Fähigkeiten erfordert, ist es für Unternehmen, die gewohnt sind, sich auf kurzfristige Gewinne zu konzentrieren, möglicherweise nicht attraktiv.
Zweitens sind Menschen in den meisten Fällen extrem risikoscheu. Sie neigen dazu, sich auf die Unsicherheiten und Probleme zu konzentrieren und dabei Chancen und Potentiale zu unterschätzen. Die vergangenen Jahre haben jedoch sowohl in der Industrie als auch der ZfP gezeigt, dass neue Technologien echte Mehrwehrte bieten und in der Praxis angekommen sind. Die Unternehmen, die früh investiert haben, konnten sich so Wettbewerbsvorteile sichern und aktuelle Herausforderungen wie den demographischen Wandel oder Fachkräftemangel meistern.
Daher erfordert ZfP 4.0 einen neuen Führungsstil – Leadership 4.0 sozusagen – flexible und digital kompetente Führungskräfte, die die neuen Technologien sicher einzuschätzen und einzusetzen wissen.
Herausforderung 4: Unzureichendes Verständnis
Die ZfP 4.0 bietet viele Chancen für Prüfdienstleister, Anlagenbetreiber und viele weitere Marktteilnehmer. Allerdings ist das Verständnis für die Technologien oft gering und die Mentalität eher ablehnend. Immerwieder hört man vereinzelt, dass man diese Technologien nicht bräuchte, oder, dass es nichts Besonderes sei.
Erst wenn man die Potentiale der Technologie aufzeigt und mit Praxisbeispielen anreichert, wird klar, wie sie im eigenen Unternehmen eingesetzt werden können. Spätestens mit den Large-Language-Models wie ChatGPT oder Google Bard ist zumindest Künstliche Intelligenz in der breiten Bevölkerung angekommen. Für die ZfP gilt es mit Vorträgen, Veröffentlichungen und Schulungen das Verständnis der Prüfer und Manager zu verbessern.
Des Weiteren bieten nationale Verbände wie die Deutsche, Amerikanische oder Indische Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung (DGZfP, ASNT and ISNT) und ihre Arbeitsgruppen diverse Schulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten.
Was sagen Experten zu ZfP 4.0?
Experte für (Digitale) Radiographie
- Professor und Direktor außer Dienst
- u.A. langjähriger Vorsitzender des Fachausschusses “Durchstrahlungsprüfung” bei der DGZfP
- sowie ehemaliger Fachbereichsleiter bei der BAM und aktiv bei der DGZfP
- Mitglied in diversen Normausschüssen der ISO, CEN und ASTM
- erhielt den Berthold-Preis der DGZfP (2005), die Röntgen-Medaille der Stadt Remscheid (2009) und den Briggs Award der ASTM-International (2010).
Wie kann ich ZfP 4.0 heute schon nutzen?
Die ZfP 4.0 ist bereits in der Praxis angekommen. Obwohl es sicherlich noch einige Zeit braucht, bis alle Unternehmen vollständig nach den Prinzipien arbeiten, gibt es schon heute die Möglichkeit, einige der vorgestellten Technologien zu nutzen.
Künstliche Intelligenz
Restwanddicken-Messungen o. Korrosion – sentin GmbH
Schweißnahtfehler – sentin GmbH
Text-Erkennung / OCR – sentin GmbH
Duplikat-, Betrugs- und Manipulationserkennung – sentin GmbH
Prüfdaten-Annonymisierung – sentin GmbH
Und viele mehr
Digitale Werkzeuge und Workflows
Cloud & Infrastruktur
Infrastuktur & Integration Services – sentin GmbH
Automatisierungslösungen – sentin GmbH
Digitales Prüfungsmanagement – sentin GmbH
Prüfarchive und PACS – sentin GmbH & BW Plus NDT
Other
- Digitales Archiv – BW PLUS PACS
- ZfP (Auftrags-) Management Software – DriveNDT
- Digitale Zwillinge – PipelineSentry
- Crawler / Roboter – HausBots
Quellen und weiterführende Links
Literatur:
- Dr. Johannes Vrana & Ripi Singh – „The NDE 4.0: Key Challenges, Use Cases, and Adaption“
- Maximilian Topp – „First Steps Towards NDT 4.0“ – „ZfP heute Sonderbard 2020“ – DGZfP – German Society Of Non-Destructive Testing
- Maximilian Topp – „How can NDT 4.0 improve the Probability of Detection (POD)?„ – „e-Journal of Nondestructive Testing (NDT)“ ISSN 1435-4934 (NDT.net Journal)
- Christian Els – „KI in der zerstörungsfreien Prüfung – Wie die Digitalisierung zu einer automatisierten Zukunft in der ZfP führt“ – DGZfP-Berichtsband BB 180 | ISBN 978-3-947971-29-9 | DGZfP
- Christian Els – „How AI will shape the future of NDT – the practical example of AI-based
X-Ray Weld Interpretation.“ 13th International Symposium on NDT in
Aerospace, 2021