In Zeiten von Industrie 4.0 ist die Digitalisierung in der Wahrnehmung vieler Unternehmen mit einem wachsenden Grad an Datengetriebenheit verbunden. Ich teile diese Auffassung. Genauer gesagt sehe ich 3 wichtige Digitalisierungsschritte, in die sich Unternehmen einordnen müssen, bevor Sie unternehmensstrategische Aktivitäten planen und durchführen. Zunächst möchte ich aber ein paar Begriffe aus dem Englischen in Bezug aufDigitalisierung genauer erklären, angelehnt an den lesenswerten Forbes-Artikel [1] Digitization,Digitalization, And Digital Transformation: Confuse Them At Your Peril (2018).
Die englische Sprache differenziert genauer als die deutsche Sprache zwischen Digitization (Digitalisierung), Digitalization (Digitalisierung) und der Digital Transformation (Digitale Transformation). Diese drei Begriffe bezeichnen ihrerseits den Zustand von Unternehmen in Bezug auf die Digitalisierung.
“Digitization is the process of changing from analog to digital form“ (Gartner´s IT Glossary)
In Bezug auf das Unternehmensumfeld beschreibt dieser Begriff z.B die Digitalisierung von Dokumenten und Informationen, die erste Stufe der Digitalisierung nach deutschem Begriff.
“Digitalization[…] is the process of employing digital technologies and information to transform business operations“ (Digitalization and the American Workforce)
Der nächste Schritt nach der reinen Digitalisierung von Dokumenten ist der von Prozessen. Häufig werden Prozesse heutzutage teilanalog durchgeführt. Häufig sind Prozessinformationen bereits digitalisiert in Form von Dokumenten (Exceltabellen z.B.), werden im Prozessaber analog ausgewertet oder bearbeitet. Die Digitalisierung von Prozessen geht häufig mit einem Grad an Automatisierung einher. Durch den Einzug von BDE, MDE oder MES Systemen wurden beispielsweise Produktionsprozesse digitalisiert und können teilweise sogar in ihrer Gänze digital eingesehen werden. Ziel der Prozessdigitalisierung ist eine höhere Effizienz sowie eine gesteigerte Transparenz des Prozesses.
Die digitale Transformation von Unternehmen und Unternehmenseinheiten hingegen hat einen weiteren Fokus. So geht es darum, häufig auf Projektbasis, neue Geschäftsmodelle auf Basis digitaler Technologie oder den Erkenntnissen aus Digitalization und Digitization aufzubauen und anzubieten. Hierbei spricht man von Innovationsprojekten, die anders als jene vorher genannten Aktivitäten weniger Technologieverständnis als denn Kundenzentriertheit erfordern.
In der gelebten Unternehmenspraxis kommt es häufig zu einer Vermischung der drei Begrifflichkeiten, weshalb eine klare unternehmerische Positionierung und eine daraus folgende strategische Marschroute zu formulieren schwerfällt. Besonders häufig sind besagte „neue Geschäftsmodelle“ der Wunsch vieler Industrieunternehmen, um Umsätze zu steigern und Wettbewerbsvorteile in einem häufig von hart umkämpften(klassischen) Märkten zu erschließen. In den wenigsten Fällen sind die daraus resultierenden Anforderungen den Unternehmen selbst nicht bekannt. So gehen Innovationsprojekte im Bereich Neugeschäft mit kulturellen, strategischen und ressourcenbezogenen Risiken einher. Die starke Unsicherheit neuer Geschäftsentwicklung bedingen diese zwangsläufig. Ebenso bedarf es Expertise im Bereich von Neugeschäftsentwicklung, welche häufig in traditionellen Unternehmen fehlt. So laufen Industrieunternehmen Gefahr, Digitalisierung mit Neugeschäftsentwicklung gleichzusetzen und sich in gewisser Weise an solchen umfassenden Projekten zu „verbrennen“.
Die Praxis zeigt, dass eine Neugeschäftsentwicklung im Bereich Digital gut daran tut auf, Digitization-Initiativen aufzubauen. So empfiehlt sich eine anfängliche Digitalisierung der bestehenden Prozesse. Darauf aufbauend können dann zunächst interne Potenziale der Effizienzverbesserung erschlossen werden. Im Bereich der Fertigung könnte das z.B. die Nutzung von Daten zur Identifizierung qualitätsrelevanter Prozessparameter und deren Einfluss im Zusammenspiel auf das letztendliche Qualitätsergebnis des gefertigten Bauteils. Damit einher geht ein wachsender Datenschatz durch die Aufnahme und Zusammenführung relevanter Prozessparameter aus verschiedenenQuellen (z.B. fertigungsnahe Systeme (MES, BDE, MDE), Sensorik oder externe Parameter wie bspw. die Hallentemperatur. Auf Basis dieses Datenschatzes können neue Innovationsinitiativen entwickelt werden, welche durch frühzeitigeKundenintegration langfristig interessante Geschäftsmodelle erzeugen können. Wichtig hierbei: Trete ich an Externe heran mit Ideen digitaler Geschäftsmodelle, sollte ich selber einen gewissen Digitalisierungsgrad meinerUnternehmensprozesse aufweisen. Wie sonst kann sich ein Anbieterunternehmen glaubhaft seriös positionieren?
[1] Digitization, Digitalization, And Digital Transformation: Confuse Them At Your Peril (2018)